Die Gefahr ist gebannt! Die Protestierenden haben den Schwanz eingezogen und ihre sieben Sachen gepackt. Nur noch ein paar sensationshungrige Reporter, einige schmächtige Polizisten und ein Rest ratloser Demonstranten waren heute bei der Causeway Bay Metro Station und in Mong Kok draussen zu sehen. Wurde langsam auch Zeit – finden wahrscheinlich sämtliche Taxi- und Busfahrer und Bewohner der Stadt zumindest. Denn für die meisten Leute hier haben sich die Demonstrationen vor allem im nie enden wollenden Verkehrsstau bemerkbar gemacht. Auch wir haben am Samstag auf dem Rückweg von unserer Twin-Peaks-Wanderung durch den Aberdeen Tunnel einfach mal 45 Minuten in der Röhre gewartet. Den Taxifahrer schien dies nicht weiter zu stören. Der nutzte die Zeit effizient, um lautstark mit seiner Frau, Mutter und wahrscheinlich noch dem Milch- und Eiermann zu telefonieren. Sven bedankte sich online währenddessen bei Freunden und Familie für sämtliche Geburtstagwünsche und Carina informierte sich über das Weltgeschehen. Und ich hatte einfach nur eine volle Blase und musste dringendst aufs Klo. Carina hatte da grad noch passend eine schöne Geschichte von einer Kollegin parat, die hier im Taxi mal miterleben durfte, wie ein Taxichauffeur in eine Petflasche pinkelte. Ganz ehrlich: Der Gedanke schien mir in dem Moment nicht ganz so absurd. Den Starbucks-Kaffeebecher von Carina behielt ich jedenfalls im Auge... Glücklicherweise kam es nicht so weit, dass ich davon Gebrauch hätte machen müssen. Kaum aus dem Tunnel draussen, sprangen wir zu dritt, noch halb auf der Ausfahrt, aus dem Wagen. Der Fahrer rief uns irgendwelche kantonesischen Verwünschungen hinter her, was mir zumindest so was von egal war. Wir hätten sonst im Kriechtempo rund um die Pferderennbahn Richtung Happy Valley Tramstation fahren müssen. Das hätte sicherlich eine Sauerei gegegeben... So konnten wir einfach in die andere Richtung laufen und waren in knapp 10 Minuten zu Hause. Nachdem ich schon auf unserer dreistündigen Treppen-Wanderung über die Twin-Peaks sicherlich 3 Liter Wasser geschwitzt hatte, war dies nun noch der Endspurt. Obwohl es ja inzwischen Herbst hier ist, die Temperaturen somit erträglicher, und die Sonne sich eigentlich nicht blicken liess, fand ich es recht – warm... Ich kann oder will mir gar nicht vorstellen, wie das hier im Sommer ist. Ich habe die erste Nacht versucht ohne Klimaanlage zu schlafen. Nachdem ich dann mehrmals schweissgebadet aufgewacht bin, hab ich das Vorhaben aufgegeben. Ich hätte es eigentlich wissen müssen, denn im Vorraum von Carina's und Sven's Wohnung im 31. Stock herrschten bei meiner Ankunft um 01.00 Temperaturen wie in einem türkischen Dampfbad. Abgesehen von den Temperaturen scheint mir Hong Kong eine spannende Stadt: So viele Menschen auf so wenig Raum, in Mitten schweisstreibender Hügel, umgeben von Wasser und tropischen Wäldern. Eine wirklich lebendige und interessante Metropole. Nebst Land scheint es hier aber auch noch an etwas anderem zu fehlen: Freundlichkeit den Mitmenschen gegenüber. Wenn man in einem Laden oder Restaurant ein freundliches Lächeln, oder schon nur nicken erwartet, scheint man hier am falschen Ort zu sein. Ich muss froh sein, wenn mich der Cashier im 7 Eleven überhaupt mal anschaut, während er mir das Rückgeld in die Hand drückt. Ein 'Danke' oder 'Auf Wiedersehen' wäre wohl zu viel verlangt. Und das scheint mir nichts damit zu tun zu haben, dass ich westliche Gesichtszüge habe. Auch an Marktständen wo Landsleuten Fisch, Vogel und Gemüse verkauft wird, sind die Leute nicht freundlicher miteinander. Aber auf dem Festland muss es ja noch arger sein. Carina hat mir gestern von der Frau eines Freundes erzählt, die bei einem Besuch hier meinte, dass die Leute so freundlich seien. Und die lebt sonst auf Mainland China. Und Patrick, ein reisender Kollege von Luki, hat während einer China-Velotour Ähnliches erlebt. Kann ich mir echt fast nicht vorstellen... Heute ist mein letzter Tag in Hong Kong. Morgen geht es nach Koh Phangan, wo ich ein zehntägiges Detox-Yoga-Programm machen werde. Nach all den vielen Burgern in den USA und dem fehlenden Sport seither, ist es an der Zeit, mich wieder etwas bewusster zu ernähren und Bewegung zu erhalten. Ich bringe inzwischen 59 kg auf die Waage – so viel wie noch nie in meinem doch schon fast 39-jährigen Leben. Geht ja gar nicht. Danach hab ich noch 10 Tage, bis ich Alice in Bangkok treffe. Keine Ahnung, was ich bis dann noch mache. I love it :)