Vor knapp einer Woche bin ich von Singapur über Manila auf Palawan gelandet. Das aber erst, nachdem man mich bei Tigerair am Chiangi Airport erst gar nicht einchecken wollte. Sprich, ohne bereits gebuchten Rückflug aus den Philippinen können sie mich gar nicht erst auf den Flieger lassen. Hatte ich natürlich nicht... Ich war mir bis zu dem Zeitpunkt noch nicht im Klaren, wohin ich am 16. März als nächstes fliegen würde. 16. März markiert den letzten Tag meines 30-Tage Gratis-Visums und somit den Flug zur nächsten Destination. Ich hatte zwar meine Pläne vor ein paar Wochen konkretisiert, doch der geschäftliche Kurzaufenthalt von Mel in Singapur vom 16. bis 19.3. liess mich meine definitive Planung aufschieben. Statt am 16.3. von Manila über Hongkong nach Chiang Mai, könnte ich ja nach Singapur und dann nach Malaysia für zwei Wochen – bevor ich dann am 2. April nochmals Bali ansteuern würde. Das ist das Kreuz wenn man die totale Freiheit hat beim Reisen. Man will sich alles bis zur letzten Minute offen halten. In dem Fall ging das nicht. Ich stand also um 23.30 am Check-in, musste meinen Koffer wieder vom Rollband hieven, den Laptop mit dem Flughafen-Wifi verbinden und mich in der nächsten halben Stunde entscheiden, wo es nach den Philippinen hingehen würde. Ich hab mich dann schweren Herzens für den Töpferkurs in Chiang Mai entschieden. Plus Yoga, plus Privat-Kraul-Stunden, plus Velotouren. Somit stand meiner Einreise per Red-Eye in das Inselparadies der Philippinen nichts mehr im Wege. Die Philippinen sind definitiv eine neue Herausforderung in vielerlei Hinsicht. Zum einen ist die Reiserei in einem Inselstaat einiges zeitaufwändiger und teurer als bis anhin. Entweder man fliegt zwischen den verschiedenen Inseln umher, was je nach Entfernung schnell mal 80 CHF plus kostet. Aber unter Umständen muss man um von A nach B zu gelangen über C(ebu) fliegen... Wenn man genügend Zeit und/oder wenig Geld zur Verfügung hat, dann sind Boote oder Fähren eine Alternative. Aber da verbringt man auf längeren Distanzen schnell mal 30 Stunden auf solch einem Kahn. Auch nicht jedermanns Sache. Die Philippinen sind definitiv nicht der Ort um von Europa aus mal schnell zwei Wochen in den Urlaub zu fahren. Weitere Herausforderung: Unterkünfte. Wo ich in Laos, Kambodscha und Indonesien ein Einzelzimmer mit eigenem Bad inklusiv warmem Wasser und Wifi für maximal 10 CHF bekommen habe, ist das hier Wunschdenken. Ein Beispiel gefällig? In Puerto Princesa, der Hauptstadt von Palawan und meine erster Stop, hatte ich ein Einzelzimmer in der Grösse einer Schuhschachtel, geteiltes Bad und WC mit kaltem Wasser und Gemeinschafts-Flip-Flops, Wifi und eine riesige Küchenschabe für den Preis von 11 USD. Okay, das Frühstück war inklusive: Ein fettiges Spiegelei, drei Scheiben weissestes, süsses Toastbrot und Kaffee – den ich nicht trinke. In El Nido, dem Ort wo Alex Garland anscheinend seine Inspiration für seinen Bestseller The Beach hatte, kams noch besser. Für 700 Pesos, was rund 14 CHF entspricht, hatte ich in der Together Pension eine noch kleinere Schuhschachtel, abermals geteiltes Bad und WC mit kaltem Wasser und fungi-zierten Badeschlarpen und sporadisch funktionierendem Wifi. Bei der Frage nach Frühstück hat mich die Betreiberin nur schräg angeschaut und bestimmt 'Noooooo!' gerufen. Aber am Ende des Tages war ich in dem Fall froh, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Einen Tag vor Chinese New Year war der kleine Hafenort so überlaufen, dass bis spät Nachts noch Leute am Eingang für eine Unterkunft fragten. Ich teilte sogar meine Mini-Schuhschachtel mit einer Deutschen, weil die nichts fand… Und da wir am nächsten Tag auf die gleiche 3-tägige Bootstour gingen, bot ich ihr in einer schwachen Minute - während des Briefings mit Don, dem Organisator, an - sie könne im Notfall bei mir übernachten. Die gute Frau hat das dann gleich als Einladung genommen, sich gar nicht mehr gross um ein eigenes Bett zu bemühen. Die 3-tägige Bootstour mit Abandon Paradise Expedition war dann wirklich 'back to basic': Zwei Nächte Zelten auf einsamen Inseln mit meinem geliebten und hochgeschätzten Seidenschlafsack, dem Meer als Bad und WC, natürlich kein Wifi, dafür aber leckerstes Essen, Lagerfeuer, Schnorcheln und Sonnenbrand inklusive. Das war dann auch der Moment, wo ich das erste Mal seit Oktober wieder etwas Animalisches zu mir genommen habe. Dem Fisch konnte ich widerstehen, aber die frischen Miesmuscheln und die Scampi’s waren einfach zu verlockend. Der Abwärts-Trend in Sachen Schlafstätten setzt sich auch hier an meiner momentanen Destination fort. Port Barton ist ein winziges Dörflein an der Westküste von Palawan, in einer kleinen Bucht eingebettet und wenig Auswahl an Unterkünften. Speziell an günstigen Unterkünften. So übernachte ich hier in der Kiwi Lodge in einem von drei Bungalows. Wenigstens bekomme ich hier für 700 Pesos ein eigenes Bad. Wobei es kein Lavabo hat, das WC-Papier einmal mehr in den Abfalleimer geworfen werden muss, die Spühlung aus einem Kübel Wasser besteht, den man nachschüttet bis 'alles' verschwunden ist. Kaltwasser ist inzwischen schon selbstverständlich. Wifi gibt's keins und Strom ist nur von 18.00 bis 24.00 verfügbar. Frühstück? Nö. Aber man gewöhnt sich schnell daran. Wenigstens hab ich nette Nachbarn zu meiner linken, mit denen sich etwas unternehmen lässt. Und sei es nur ein Hotel für Donnerstag und Freitag suchen, weil die Bungalows bereits wieder besetzt sind ab übermorgen und ich (und sie) für die spontane Verlängerung eine neue Bleibe brauchen. Kann nur noch besser werden – und teurer. "Was solls – dann kostet es halt 20, 30 oder 40 Stutz pro Nacht. Ist ja immer noch billig," mögen sich manche denken. Ja, im Vergleich zu Europa, USA und Co. mag das stimmen. Doch wenn man einmal ein paar Wochen oder Monate in Südostasien reist, dann liegt der Benchmark irgendwann woanders. Ich überlege mir, was ich für die paar hundert Pesos oder zehntausende von indonesischen Rupies sonst alles kaufen kann: Ein oder zwei Nachtessen, Busfahrten, ein Kilo Mangos plus ein paar Bananen. Da läppert sich was zusammen, wenn man monatelang in der Welt umher tingelt – und nix nebenbei verdient. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass ich mal in Zimmern ohne Warmwasser, Lavabo, Toilettenspühlung und fragwürdiger Sauberkeit übernachten würde – ich hätte es nicht für möglich gehalten. Jetzt ist es so und ich habe mich damit angefreundet. Die Ansprüche an zwei Wochen Strandurlaub im Jahr sind eben anders als wenn man 10 Monate am Stück unterwegs ist. Ich verhandle inzwischen auch mit Taxifahrern und Früchteverkäuferinnen wegen 50 Rappen. Perspektiven ändern sich auf einer solchen Reise – in vielerlei Hinsicht.
Als weibliche Alleinreisende muss man sich an so
manches gewöhnen, wenn man nicht deprimiert nach den ersten zwei Wochen nach Hause fliegen will. Und ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob das männliche Gegenstück die selben Erfahrungen
macht. Ich bezweifle es. Heute und gestern waren wieder mal erlebnisreiche Tage in der Hinsicht. Angefangen hat es mit meiner Taxi-Fahrt vom Flughafen in Cebu in die Stadt gestern Nachmittag. Der
gute Mann am Steuer kam ziemlich bald zur Sache. Die inzwischen obligate Frage: "You alone?" – "Yeeeees...", darauf meine Antwort, im Wissen drum, dass da noch Folgefragen zu erwarten sind. "You
not married?", kommt es prompt. "No...", meine Erwiderung. "No boyfriend?", geht es weiter. Das ist jeweils der Moment, wo ich mir überlege 'Yes' zu sagen. Ich habe mal gelesen, dass gewisse
Frauen sich sogar alibimässig Ringe an den Finger stecken und den einfach hochhalten. Das ist mir dann doch etwas zu aufwändig. Und im Lügen bin ich leider auch nicht sehr begabt. Also sag ich:
"No, no boyfriend." Danke der Nachfrage. Wenn diese Unterhaltung mit Frauen stattfindet, dann wird zu diesem Zeitpunkt das Thema meist mit einem kurzen 'Oh...' abgehakt. Interessanterweise werden
vor allem die Filipinos hier erst richtig gesprächig. Schon vor zwei Wochen, bei meiner Ankunft in den Philippinen, hat sich mir ein Tricycle-Fahrer netterweise anerboten in dem er meinte: "Are
you looking for Filipino man?" Geradezu selbstlose die Typen hier. Ich habe dann dankend abgelehnt. Zu sagen, schweren Herzens, wäre jetzt aber gelogen. Mein Cebu-Taxi-Fahrer ist dann auch etwas
uneigennütziger unterwegs: "I have many friends looking for girlfriend". Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Genau wie all die jungen Filipinas sich einen alten bierbauchigen Sack aus dem Westen
wünschen, der ihnen ein besseres Leben bieten kann. Verständlicherweise, denn das Land gehört zu den ärmeren Ländern dieser Welt. So arbeiten respektive leben fast 9 % der Filipinos im Ausland
und sind ein wichtiger Treiber, dass viele Familien hier einen besseren Lebensstandard haben können. Jedenfalls lehnte ich das sicherlich gutgemeinte Angebot ein weiteres Mal dankend ab. Doch der
vom Taxi-Fahrer zum Heiratsvermittler mutierte Mann lässt nicht locker: "You not interested in Filipino men?" Jetzt wird's heikel. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich hier nur auf der
Durchreise bin, mich aber umgehend um einen anständigen Schweizer bemühen werde, sobald ich zu Hause bin. Damit will er sich dann noch nicht zufrieden geben. Er meint ich könnte ja hier in Cebu
arbeiten und leben. Der Typ ist wirklich hartnäckig! Ich rede mit raus, indem ich irgendwie versuche zu erklären, dass es für mich schwierig wäre, hier einen Job zu finden. Das hat er dann auch
nicht so gemeint. Ich soll mich selbständig machen – womit sagt er nicht – und Geld investieren. "I don't have enough money – spent all on travelling", ist meine letzte Antwort und das Thema ist
somit abgehakt. Zum Glück, denn der Feierabendverkehr zwingt mich schlussendlich, fast zwei Stunden in dem Taxi auszuharren. In der Zeit hätte der eifrige Mann ohne Probleme zwei Dutzend
heiratswillige Freunde aufbieten können, die vor meinem Hostel auf mich warten. Eine Begegnung der anderen Art, die ein Mann definitiv nicht macht, hatte ich heute im Bus von Cebu nach Dumaguete.
Kurz vor der Abfahrt um 10.00 Uhr morgens setzte sich ein älterer Herr auf den Sitz neben mir. Das ist schon mal ungewöhnlich. Normalerweise, setzt sich nie ein männlicher Fahrgast neben mich,
egal in welchem Land. Und auch Frauen tun dies erst, wenn es gar keine anderen Plätze mehr neben Landsleuten gibt. Ich lächle also den Mann freundlich an und nicke. Fehler. Aber wie immer nicht
wieder gutzumachen. Nestor reisst sogleich eine Unterhaltung vom Zaun. Zu meinem Verdruss, denn ich habe die Nacht kaum geschlafen. Zu spät merkte ich, dass sich im Gebäude vis-à-vis eine
Open-Air-24-Stunden-Karaoke-Bar mit Billiard-Tischen befindet. Und es war Samstag... Aber man ist ja freundlich und konversiert etwas. Wieder ist schnell klar, dass ich alleine unterwegs bin und
niemand zu Hause auf mich wartet. Der 64-jährige, verheiratete Nestor versucht sich dann auch mit dem ältesten Trick der Welt ein paar Brownie-Punkte bei mir zu holen. Er schätzt mich auf 28
Jahre und tut erstaunt, als ich ihm mein tatsächliches Alter offenbare. Nach der ersten halben Stunde zückt er dann auch schon sein Handy und will meine Telefonnummer. Zum Glück hab ich keine
mehr – somit muss ich wenigstens nicht lügen. Aber der Mann ist auf dem neusten Stand der Social Media und auf Facebook – ich leider auch. Zum Glück funktioniert seine Internet-Verbindung nicht
zu dem Zeitpunkt. Ich werde einsilbiger und schaue vermehrt aus dem Fenster. Was bleibt mir anderes übrig? Ich kann ja nicht sagen, ich hätte noch was vor, aufstehen und gehen. Zumal alle Plätze
bis auf den letzten besetzt sind. Das hält meinen Sitznachbar nicht davon ab, einen erneuten Versuch zu starten. Als wir, wieder mal im Stau, an einem Massagesalon vorbeischleichen, fragt er
mich, ob ich gerne Massagen hätte. Was soll ich darauf antworten?? Wer hat das nicht. Aber ich weiss, dass ich ihm damit eine Steilvorlage für seinen nächsten Annäherungsversuch gebe. Ich harre
der Dinge, die da kommen… Er sei ein sehr guter Masseur, meint er selbstbewusst. Wer ihm das wohl gesagt hat... Er könne mir gerne eine Massage geben. Ich hör wohl nicht richtig, denk ich mir.
Weiterhin freundlich lehne ich ab und hoffe, dass der Hafen für die Überfahrt auf die Insel Negros bald kommt und ich aus dem Bus stürmen kann. Leider kommt der nicht früh genug. Rund 10 Minuten
später - ich muss wohl einen etwas verkrampften Eindruck gemacht haben, was kein Wunder ist nach einer Nacht fast ohne Schlaf und mit dem Sitznachbar – greift er sich meine Hand. "I will give you
a hand massage", meint der selbsternannte Chef-Masseur selbstlos. Ich ziehe meine Hand irritiert weg und geb ihm diesmal mit Nachdruck und einem eisigen Blick zu verstehen, dass ich von ihm
definitiv keine Massage will. Das hat er dann wohl gecheckt. Obwohl er mich kurz vor der Ankunft am Pier von Dumaguete nochmals fragt, ob ich tatsächlich keine Telefonnummer hätte. Als ich
abermals verneine fragt er sogar noch, wie ich denn mit meiner Familie telefonieren würde, ganz ohne Telefonnummer. Ist das eine Kontrollfrage?? Der kennt ja echt nichts. "Skype", ist meine Antwort. Dann sind wir zum Glück am Hafen
angekommen und ich verlasse fluchtartig den Ort des Verbrechens Richtung Wasser. Als ich in Singapur bei Mathias und Anne übernachtet habe, hat mich deren Hausmädchen Grace, ebenfalls eine
Filippina, noch vor den Männern hier gewarnt. "Don’t talk to them or be nice. Be careful!", hat sie mit Nachdruck gemeint. Ich hab damals abgewunken, da ich bis anhin wirklich nie irgendwelche
komischen Situationen erlebt habe. Aber die Filipinos sind irgendwie doch etwas weniger zurückhaltend, als das Männer in anderen Ländern waren, die ich in den letzten Monaten bereist habe. Eine
weitere typische 'Ja-ich-bin-eine-Frau-und-reise-allein'-Situation hatte ich eben beim Einchecken im Hotel auf der Voodoo-Insel Siquijor. Ich bin vom Hafen in Siquijjor Town mit einem jungen
Töff-Fahrer nach San Juan gefahren. Rund 30 Minuten auf dem Rücksitz, er mit meiner Riesentasche zwischen den Beinen und vor dem Gesicht. Auf dem ganzen Weg totale Dunkelheit, bis auf ein paar
Häuser mit Kerzenlicht, wegen Stromausfall. Wir kommen also hier im Coral Cay Hotel an und alles, was sie noch haben für diese Nacht, ist ein Familienzimmer mit zwei Doppelbetten. Einzelzimmer
gibt es erst morgen wieder. Wohl oder übel muss ich das Zimmer nehmen, denn Alternativen gibt es in dem Mikro-Dorf San Juan nicht wirklich und schon gar nicht bei einem Stromausfall, der
inzwischen vier Stunden dauert und die ganze Insel zu betreffen scheint. Ich merke, wie der Security-Mann, der auf meinen Koffer wartet, und der Töffli-Bueb, sich grinsend hinter mir unterhalten.
Da die Filipinos die Zahlen in Englisch gebrauchen, verstehe ich ziemlich schnell, dass sich das 'one' auf mich bezieht. Ich dreh mich um und mische mich in die Konversation ein. "Yes, only me",
sage ich ebenfalls grinsend. Etwas verlegen entgegnen sie: "Big room, but you only one." Okay, das könnte auch einem Mann passieren. Aber der nächste sicher nicht: Ich stehe gestern in Puerto
Princesa am Check-in für nach Cebu. Bevor der schmächtige Schalterangestellte mir den Boarding Pass übergibt, informiert er mich: "Security question Ma’m." Okay, dann lass mal hören. "Are you
pregnant?" Wie bitte? Was hat das mit Sicherheit zu tun? "No", entgegne ich, muss dabei grinsen und verkneife mir, anzuhängen, dass ich das mit absoluter Sicherheit sagen kann. Aber in einem Land
voller Vollblut-Katholiken, kommt ja eventuell noch eine unbefleckte Empfängnis in Frage. Ich frage mich nur, ob er das die anderen Mädels auch gefragt habe oder ob es wieder mal an der Zeit ist,
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